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Das Leid mit der Leitkultur


Auch wer den von Merz und der CDU recycleten Begriff ablehnt: Eine Verständigung, was uns als Gesellschaft heute noch verbindet, braucht es immer wieder. Gerade jetzt.

Friedrich Merz hat den Begriff „Leitkultur“ vor über 20 Jahren von Bassam Tibi geliehen, einem vor Jahrzehnten eingewanderten muslimischen Politologen, und schon damals heftige Kontroversen damit ausgelöst. Manche halten ihn bis heute für ewig gestrig, reaktionär, aus der Zeit gefallen. Aber ein leitendes Wertegerüst + Weltbild hat jeder, jede Gruppe. Konservative verbinden es mit Ehe & Familie, Heimat, Recht & Ordnung; Grüne mit Nachhaltigkeit, Umwelt-, Natur-, Klimaschutz; Sozialdemokraten + Linke mit Gerechtigkeit; Liberale mit Freiheit. Was fehlt, ist eine gesellschaftliche Verständigung, was das Verbindende heute noch ist, sein kann.

Wer jede Idee einer leitenden, verbindlichen Kultur ablehnt, die mehr ist als die Grundwerte & -regeln des Grungesetzes, sollte sich auch vom Gedanken und Begriff der Integration verabschieden. Denn in was sollen dann Eingewanderte + Zugezogene eingegliedert werden, hineinwachsen? Was es bedeutet, wenn es an verbindlichen Werten mangelt, erleben wir ja gerade, wo finsterster Juden- und Israelhass sein schreckliches Haupt erhebt. Genauso mit der Frauenverachtung in bestimmten migrantischen Gemeinschaften.

Kulturelle Integration

Auch wer den Begriff für falsch hält: Die gesellschaftliche Debatte über ein breites gemeinsames Wertegerüst ist gerade in einer weltoffenen vielfältigen Einwanderungsgesellschaft immer wieder notwendig. Man kann und sollte das besser kulturelle Integration nennen. Danach fragen gerade auch Zugewanderte, die verunsichert sind, weil sie einen Wertekonsens bei uns vermissen, und fürchten, dass sich reaktionäre Vorstellungen von ganz rechts oder aus dem Islam durchsetzen, weil die Mehrheit nicht die Werte verteidigt, die unser Land so attraktiv für viele machen. Die aber sehr in Gefahr sind, auch und gerade im Kulturbereich, an den Universitäten, in den Schulen und Familien.

Deshalb: Nur Mut! Man sollte die Debatte nicht Merz, der Union oder gar der AfD überlassen, genauso wenig Islamisten und reaktionären Islamverbänden. In den USA, dem Vorbild eines demokratischen, liberalen, diversen Einwanderungslandes, hieß das Leitbild immer: „ex pluribis unum“, aus der Vielfalt eins. Daran sollten wir uns orientieren. Gerade weil es dort so in Gefahr steht.