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Von den dänischen Genossen lernen


Die SPD-Mitglieder haben sich zurecht für eine Disruption in der Führung entschieden. Falls die Partei die richtigen Schlüsse zieht, kann sie gestärkt daraus hervorgehen. 10 Thesen

  1. Nicht für Olaf Scholz als neuen Co-Vorsitzenden zu stimmen neben der Ostquotenfrau Klara Geywitz, war richtig und notwendig. Scholz ist der letzte Exponent der alten, verbrauchten Funktionärskaste von Gerhard Schröder. Er steht für den Kurs, der die SPD in die Existenzkrise geführt hat. Er sollte nun konsequenterweise abtreten.
  2. Esken und Walter-Borjans wurden nur dank fehlender besserer Alternative im Stichentscheid gewählt und wegen der von ihrem Mentor Kevin Kühnert forcierten Sehnsucht nach Ausstieg aus der GroKo. Sie haben kein Konzept, um die SPD in die Zukunft zu führen, nur alte Rezepte, die schon früher wenig getaugt haben. Sie sind deshalb nur ein Führungsduo des Übergangs.
  3. An dem Ausscheiden aus dem Regierungsbündnis mit der Union, besser schnell als erst 2021, führt kein Weg vorbei, selbst wenn Merkel und die Spitzen von CDU und CSU eine Menge tun werden, um die SPD bei der Stange zu halten. Die SPD hat in 10 Jahren GroKo seit 2005 viele Forderungen durchgesetzt, zuletzt die Grundrente. Aber es hat sich für sie nicht ausgezahlt. Schon die Entscheidung für eine Neuauflage Anfang 2018 war quälend, dennoch damals richtig.
  4. Die Krise kann nach dem absehbaren Ausscheiden aus der Regierung noch tiefer werden. Die Umfragewerte können noch weiter nach unten gehen, die SPD kann in der Opposition landen. Aber durch diese Phase musste sie so oder so durch. Sie kommt nun halt schneller als gedacht.
  5. Jede Krise bietet eine Chance, wenn die Partei nach einer Zeit der Besinnung die richtigen Konsequenzen zieht. Die können aber nicht darin bestehen, sich von Regierungsverantwortung und der Verantwortung für das davon zu stehlen, was die SPD seit 1998, ihrem letzten großen Wahlerfolg, getan und bewegt hat.
  6. Die SPD muss endlich aufhören, sich an sich selbst und Schröders Agenda 2010 abzuarbeiten. Sie hat sie 2003 unter starkem Druck beschlossen, weil die Kohl-Regierungen Einschnitte ins soziale Netz nicht durchgesetzt hatte. Sie waren damals vermutlich unausweichlich, aber mit groben Fehlern wie dem gewaltigen Niedriglohnsektor behaftet, die der SPD bis heute anhängen. Jetzt braucht es eine Agenda 2030, die ganz anders aussehen muss, aber keine Revision vergangener Zeiten.
  7. Ein Linksschwenk wird die SPD nicht retten. Auch im übrigen Europa haben sozialdemokratische Parteien damit keinen Erfolg, wie zuletzt in Spanien, davor in Frankreich und Italien. Die SPD war immer dann stark, wenn sie eine Politik für die kleinen Leute verbunden hat mit Aufstiegschancen für die werktätige Mitte der Gesellschaft. Dieses Versprechen hat sie mit der Schröder’schen Politik nicht gebrochen, aber sie hat durch ihr Leiden daran seitdem ständig diesen Eindruck verstärkt und damit die Linkspartei erst ermöglicht und stark gemacht.
  8. Die dänischen Genossen haben vorgemacht, was Erfolg bringt: großzügige Sozialpolitik kombiniert mit restriktiver Politik gegen unkontrollierte Immigration und für innere Sicherheit sowie sozialverträglichen Klimaschutz. Offene Grenzen mit ihren Folgen auch für den Sozialstaat treffen ebenso wie eine übersteigerte Klimapolitik die klassische Klientel von Arbeiterparteien, nicht die wohlhabende von Grünen und Union. Deshalb sind viele SPD- und Links-Wähler zur AfD abgewandert. Sie gilt es zurückzuholen, ohne den Rechtsextremen nachzulaufen.
  9. Der CDU geht es nicht viel besser, auch sie steckt in einer Orientierungs- und Führungskrise, genauso wie die Linke. Die Grünen sind wie die AfD, die sich immer mehr radikalisiert, nur deshalb vorübergehend stark, weil die ehemals großen Parteien abgestiegen sind. Das muss nicht so bleiben. Schon bei der Hamburg-Wahl im Februar, der einzigen Landtagswahl 2020, kann die SPD zeigen, dass sie gewinnen und die Grünen auf Abstand halten kann.
  10. In einem Jahr kann die Welt für die SPD schon wieder ganz anders aussehen, wenn die GroKo Vergangenheit ist und die CDU dadurch ebenfalls in einer noch tiefere Krise fällt. Dann werden die Karten womöglich neu gemischt – mit einem neuen SPD-Duo: Franziska Giffey, dann vielleicht Regierende Bürgermeisterin von Berlin, und Stephan Weil, dem Wahlsieger von Niedersachsen. Unwahrscheinlich? Nicht mehr, als dass Esken und Walter-Borjans es wurden.

Die Bürger holen sich die Politik zurück


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